Aus der Schwäbischen Zeitung, 22.10.1997

Claudio Uptmoors Schritt zur freien Malerei

Claudio Uptmoor stellt in Memmingen aus. Über 130 Besucher, darunter sichtlich mehr als zwei Drittel aus Leutkirch, kamen zur Vernissage in die Galerie Salzgeber, wo der Memminger Kulturamtsleiter Dr. Wolfgang Bayer mit Uptmoors Arbeiten bekannt machte und in die Ausstellung einführte.

Musikalisch umrahmt wurde die Eröffnung von südamerikanischer Gitarrenmusik (Hugo Fritz) und indianischen Trommelrythmen (Erich Ferstel). Außerdem rezitierte red Strittmatter vom Landestheater Schwaben Texte. 

Überrascht waren viele, die Uptmoors letzte Ausstellung im Leutkircher „Lamm“ 1994 noch in Erinnerung hatten, über den Fleiß und die künstlerische Weiterentwicklung: alle 45 ausgestellten Bilder sind in den Jahren 1996 und 1997 entstanden. Im Eingangsbereich im Verwaltungsgebäude von Kurz & Voith zeigt der Maler Mut zum größeren Forma, und er macht einen Schritt hin zur freien Malerei. Die Figur ist bildbestimmendes Thema.

Fei komponiert er – meist in heller kräftiger Farbigkeit – setzt Teile des menschlichen Körpers mit Gouachefarben oder Pastellkreide flächig ins Bild, an die Malerei der Kubisten erinnernd. Meist sind es maskenhafte Gesichter, Frauen- und Männergestalten, die Figuration steht auf flächigem, farbigem Hintergrund, der unkonkret bleibt.

Mit seine Bildern von diesem Jahr kehrt Uptmoor zum kleinen Format und zur Collagentechnik zurück. Hier spürt man, dass er sich sowohl als Zeichner als auch im Umsetzen seiner Ideen sicher fühlt. Ausgangsmaterial sind hier farbiges Collagenmaterial: ausgeschnittene Werbeseiten aus Illustrierten o.ä., die teilweise flächig übermalt werde, das Collagenmaterial wird vom Bildrand nach inneneingeengt und läßt Bildteile frei, die dann in subtiler Zeichentechnik bearbeitet werden. Er reagiert auf das vorhanden Bildmuster, entwickelt neue Figuren, Fische, Menschen, die wie Herden zusammengetrieben, in unterirdische Welten leben und lemmingartig von unsichtbaren Mächten getrieben dichtgedrängt werden. 

Bewußt hat Claudio Uptmoor seine Bildern portugiesische Titel gegeben, soll sich der Betrachter, wie er sagt, selbst in die Bildwelt einlesen. 1955 wurde der Maler in Pôrto Alegre, Brasilien, geboren und kommt nach Grundschule und Gymnasialzeit 1972 mit seiner Familie nach Deutschland, besucht in Lindau das Gymnasium und studiert von 1977 bis 1982 in Dortmund. Seit seiner Schulzeit und während des Studiums beschäftigt sich Uptmoor mit der Malerei, bevorzugt mit der Collagetechnik. Seit 1988 lebt und arbeitet er in Leutkirch, beruflich ist er als Stadtplaner tätig.

Reiner Fritz 

Aus der Memminger Zeitung, 3.12.1997

Wie auf einem alten Rubens

Bilder und Collagen von Claudio Uptmoor werden derzeit in der Galerie Salzgeber gezeigt. Sehenswert sind vor allem die Collagen. 

Die relativ großformatigen Arbeiten im Erdgeschoss des weitläufigen Ausstellungsraumes lohne kaum das längere Verweilen. Dekorative, mehrfach gebrochen Abstraktionen,mit denen man vielleicht in den späten 50er Jahren noch einiges Aufsehen hätte erregen können, heute kaum mehr.

Dafür wird es im Obergeschoss um so interessanter. Uptmoor führt dort eine Reihe von Collagen vor, die auf den ersten Blick wie gekonnte gegenstandslose Kompositionen wirken, bei näherem Hinsehen aber eine Unzahl kleiner Figuren, meist mit der Tuschefeder gezeichnet, zum Inhalt haben. Häufig brechen diese Leibermassen aus baumartigen Gebilden hervor, so dass man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, der Künstler hat eine Art Stammbaum der gesamten Menschheit im Sinn. Da er, zum Teil unmittelbar, auf Gleichnisse aus der Bibel Bezug nimmt (z.B. in ‚o pescador‘) wird auch das Auftreten der Fische und Schädel verständlich. Interessanterweise bedient sich Uptmoor bei der Gestaltung der aufstrebenden oder stürzenden Leiber gerne barocker Kompositionschemata, wie man sie beispielsweise von Rubens kennt.

Auf diese Weise entsteht eine faszinierende Kombination alter und neuer Kunstprinzipien, die eine eingehende Beschäftigung durchaus lohnt.

Robert Steuer